Bertone: 110 Jahre italienische Auto‑Design‑Legende – Hypercar GB110 & Ikonische Klassiker im Fokus
Einleitung: Die Rückkehr einer Legende – Bertone schreibt wieder Geschichte
In der Welt des automobilen Designs gibt es nur wenige Namen, die so tief im kollektiven Gedächtnis verankert sind wie Bertone. Geprägt von kühner Kreativität, ikonischer Linienführung und technischer Avantgarde, hat das italienische Designhaus über ein Jahrhundert lang den Puls der Zeit nicht nur gespürt, sondern oft selbst bestimmt. Wer sich für Automobile begeistert, kommt an Kreationen wie dem Lamborghini Miura, dem Lancia Stratos oder den visionären Konzeptstudien für Alfa Romeo nicht vorbei – und genau diese tragen den Stempel eines Mannes: Nuccio Bertone, der die Marke zu internationalem Ruhm führte.
Doch wie so oft in der Welt großer Legenden ist der Weg nicht nur von Ruhm und Glanz gepflastert. Nach einem beispiellosen Aufstieg folgte Anfang der 2010er Jahre ein dramatischer Absturz. Die Firma geriet in wirtschaftliche Schieflage und musste 2014 Insolvenz anmelden. Damit endete scheinbar die Geschichte eines der größten italienischen Designstudios – ein Verlust, der in der Automobilwelt weithin betrauert wurde.
Doch Legenden sterben nicht – sie ruhen nur. Und manchmal kehren sie stärker zurück als je zuvor. Genau das scheint aktuell bei Bertone der Fall zu sein. Die Rechte am Namen wurden gesichert, eine neue Führung übernahm das Steuer, und 2023 erfolgte die spektakuläre Ankündigung: Bertone kehrt zurück – mit einem Hypercar. Der Name: GB110 – eine Hommage an 110 Jahre Designgeschichte, kombiniert mit einem klaren Blick nach vorn.
Der GB110 ist kein gewöhnliches Comeback-Fahrzeug. Es handelt sich um einen streng limitierten Hypercar mit mehr als 1.100 PS, einem kompromisslosen Fokus auf Design und Performance – und einem einzigartigen Versprechen: Nachhaltigkeit durch Innovation. Der Antrieb basiert auf einem Treibstoff, der aus Kunststoffabfällen gewonnen wird – ein starkes Statement in einer Zeit, in der Umweltbewusstsein und High Performance endlich zusammenfinden müssen.
In diesem Blogbeitrag tauchen wir tief ein in die faszinierende Geschichte von Bertone, beleuchten das neue Kapitel rund um den GB110 und werfen einen Blick darauf, was dieses Projekt für die Zukunft der Marke bedeutet. Ist Bertone gekommen, um die Spitze des Hypercar-Olymps zu erobern? Oder handelt es sich um ein einmaliges Statement einer glorreichen Vergangenheit?
Was sicher ist: Die Rückkehr von Bertone sorgt in der Automobilwelt für Gesprächsstoff. Und das aus gutem Grund. Denn mit dem GB110 gelingt es der Marke, nicht nur alte Werte wieder aufleben zu lassen, sondern auch neue Maßstäbe zu setzen – in einer Branche, die mehr denn je nach Visionen und Charakter ruft.
Begleite uns auf dieser Reise durch über 100 Jahre Designkunst, Innovation und Leidenschaft. Willkommen zurück, Bertone.
Kapitel 1: Die Geschichte von Bertone – Von der Carrozzeria zur Ikone
Die Geschichte von Bertone ist mehr als nur eine Chronik eines Karosseriebaubetriebs – sie ist ein Spiegelbild der italienischen Designkultur, der Automobilgeschichte und eines einzigartigen Verständnisses von Ästhetik und Technik. Alles beginnt im Jahr 1912 in der norditalienischen Stadt Turin, als Giovanni Bertone eine kleine Werkstatt gründet, die sich auf die Herstellung von Kutschenkarosserien spezialisiert. Was zunächst als Handwerksbetrieb beginnt, entwickelt sich in den kommenden Jahrzehnten zu einem der stilprägendsten Studios der internationalen Automobilwelt.
Der eigentliche Aufstieg beginnt mit Nuccio Bertone, dem Sohn des Gründers. Er übernimmt das Unternehmen nach dem Zweiten Weltkrieg und gibt der Firma ein völlig neues Profil. Unter seiner Leitung wird Bertone zur kreativen Keimzelle zahlreicher Ikonen. Bereits in den 1950er-Jahren sorgt Bertone mit Designs für Fiat, Alfa Romeo und Abarth für Furore. Es ist die Geburtsstunde eines Stils, der als mutig, kantig, progressiv – und dennoch zeitlos elegant beschrieben werden kann.
Der große internationale Durchbruch gelingt Bertone in den 1960er- und 1970er-Jahren. Besonders die Zusammenarbeit mit Lamborghini markiert einen Wendepunkt: Mit dem Lamborghini Miura entsteht 1966 das erste echte Supercar – eine Revolution in Form und Technik. Das von Marcello Gandini (damals Chefdesigner bei Bertone) gestaltete Fahrzeug begeistert mit einer keilförmigen Silhouette, die bis heute als Meilenstein gilt.
Doch Bertone ist nicht nur Lamborghini. Auch der Lancia Stratos, ein kompromissloser Rallye-Wagen, wird unter der Leitung Bertones zum Mythos. Und dann wären da noch die futuristischen Alfa Romeo BAT-Modelle (Berlinetta Aerodinamica Tecnica), die in den 1950er-Jahren auf Automessen weltweit für offene Münder sorgen. Diese Fahrzeuge waren nicht für die Straße gedacht, sondern als Ausdruck reiner aerodynamischer und stilistischer Visionen – etwas, das kaum ein anderes Designstudio so konsequent wagte.
Bertone steht dabei stets für den Mut zur radikalen Linie, zur überraschenden Perspektive. Anders als etwa Pininfarina, das stärker klassisch und fließend agierte, sucht Bertone nach dem Bruch, dem Aha-Moment im Design. Dieses Selbstverständnis zieht sich durch alle Jahrzehnte – vom Citroën BX über den Volvo Tundra bis hin zum BMW Spicup.
In den 1980er- und 1990er-Jahren wird Bertone zunehmend auch als eigenständiger Hersteller aktiv, unter anderem mit dem Bertone Freeclimber. Gleichzeitig entstehen Designstudien, die in Sammlerkreisen heute Legendenstatus genießen – etwa der radikale Lamborghini Genesis oder der Bertone Mantide.
Doch mit dem neuen Jahrtausend beginnen wirtschaftliche Probleme. Auftraggeber wie Fiat oder GM beenden Kooperationen, die Nachfrage nach externen Karosserieschmieden schrumpft drastisch. 2014 folgt die Insolvenz – ein leiser, trauriger Abschied einer lauten, kreativen Epoche.
Was jedoch bleibt, ist ein Name, der für mehr steht als nur schöne Autos. Bertone steht für die Fähigkeit, das scheinbar Unmögliche zu denken – und es auf vier Räder zu bringen. Eine Qualität, die sich nun mit dem GB110 in neuem Glanz entfaltet.
Kapitel 2: Die Bertone-DNA – Form, Funktion und futuristischer Mut
Was unterscheidet ein gutes Automobildesign von einem ikonischen? Bei kaum einer Marke lässt sich diese Frage so deutlich beantworten wie bei Bertone. Die DNA des Hauses ist tief in der italienischen Designtradition verwurzelt – aber nie in ihr gefangen. Während andere Studios nach Harmonie und klassischer Schönheit strebten, suchte Bertone stets nach Reibungspunkten, nach dem Ungewohnten, dem Progressiven. Dieser Mut zur Innovation ist bis heute das Markenzeichen des Unternehmens.
Zentraler Bestandteil der Bertone-DNA ist das Spannungsverhältnis zwischen Form und Funktion. Fahrzeuge aus dem Hause Bertone waren nie bloß Schönheiten für das Auge – sie waren immer auch konzeptionell durchdacht. Die Linie diente nicht nur der Ästhetik, sondern war häufig Resultat funktionaler Anforderungen, etwa in puncto Aerodynamik, Leichtbau oder Kühlung. Dieser funktionale Designansatz zeigt sich etwa in den legendären BAT-Studien für Alfa Romeo, die mit dramatisch geschwungenen Karosserien aerodynamische Ideale in Kunstwerke verwandelten.
Gleichzeitig hatte Bertone ein untrügliches Gespür für das Zukünftige. Die Designs waren ihrer Zeit oft um Jahre voraus – man denke etwa an den Lamborghini Countach, dessen radikales Keildesign zur Blaupause für die Supersportwagen der 1980er-Jahre wurde. Auch dieser stammt aus der Feder von Marcello Gandini, dem langjährigen Chefdesigner von Bertone, der mit seinem Stil eine ganze Ära geprägt hat.
Typisch für Bertone ist zudem der Bruch mit Konventionen. Während viele Designer auf fließende Linien setzten, bevorzugte Bertone markante Kanten, scharfe Übergänge und mutige Proportionen. Dies wurde nicht zuletzt zu einem Unterscheidungsmerkmal gegenüber anderen großen Studios wie Pininfarina, Italdesign oder Zagato. Bertone war stets kantiger, polarisierender, mutiger.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Vielseitigkeit des Hauses. Während viele Designstudios sich auf luxuriöse Coupés oder Sportwagen konzentrierten, wagte sich Bertone auch an Nutzfahrzeuge, Kleinwagen, Offroader und sogar Konzeptstudien für Flugzeuge oder Züge. Die Zusammenarbeit mit so unterschiedlichen Marken wie Volvo, Citroën, Opel, BMW, Ferrari und Aston Martin zeigt: Bertone verstand es, sich stilistisch immer wieder neu zu erfinden – ohne die eigene Handschrift zu verlieren.
Auch der Mut zur Inszenierung spielte eine Rolle. Bertone nutzte die großen Automessen nicht nur zur Präsentation, sondern als Bühne. Viele Konzeptfahrzeuge wurden mit bewusst provokanten Namen und radikalen Formen vorgestellt, einzig mit dem Ziel, Diskussionen anzustoßen. Das Automobil wurde bei Bertone nie nur als Fortbewegungsmittel verstanden – sondern als emotionale, kulturelle und gesellschaftliche Aussage.
All diese Elemente – das Spiel mit Linien, die Verschmelzung von Funktion und Ästhetik, der Wille zur Zukunft und der Mut zur Differenz – bilden die Design-DNA von Bertone. Sie zieht sich durch über 100 Jahre Firmengeschichte und lebt nun, im 21. Jahrhundert, in neuer Form weiter: Im GB110, dem ersten Hypercar des Hauses, das die Vergangenheit zitiert – und gleichzeitig ein Ausrufezeichen für die Zukunft setzt.
Kapitel 3: Der Untergang einer Legende – und das überraschende Comeback
So strahlend und einflussreich Bertone über Jahrzehnte hinweg war – am Ende blieb auch diese Ikone nicht von den Härten der Realität verschont. Die 2000er-Jahre markierten eine schwierige Zeit für viele unabhängige Karosseriebauer in Italien. Der Wandel in der Automobilindustrie, neue Produktionsprozesse, Globalisierung und eine zunehmende Zentralisierung des Fahrzeugdesigns innerhalb der großen Hersteller ließen den Spielraum für eigenständige Designstudios immer kleiner werden.
Auch Bertone spürte diesen Strukturwandel massiv. Die großen Aufträge blieben aus, Kooperationen mit Fiat, Opel oder GM liefen aus, und neue Designstudien fanden seltener den Weg in die Serienproduktion. Hinzu kamen wirtschaftliche Fehlentscheidungen und interne Umstrukturierungen, die das Traditionsunternehmen zusätzlich unter Druck setzten. Was einst als kreativer Think Tank der Branche gefeiert wurde, geriet zunehmend ins Hintertreffen – nicht wegen mangelnder Visionen, sondern aus betriebswirtschaftlicher Sicht.
Im Jahr 2014 dann der Tiefpunkt: Bertone meldet offiziell Insolvenz an. Ein Ereignis, das weltweit für Bestürzung sorgte – nicht nur unter Autoenthusiasten, sondern auch in der Designszene und bei Sammlern. Die Vorstellung, dass ein Unternehmen, das automobile Meilensteine wie den Lamborghini Miura oder den Lancia Stratos hervorbrachte, sang- und klanglos von der Bildfläche verschwinden würde, schien surreal. Und doch war es Realität.
Was folgte, war jahrelange Stille – zumindest nach außen hin. Intern jedoch wurde um Markenrechte und kreative Zukunftsperspektiven gerungen. Mehrere Investoren zeigten Interesse, der Markenname Bertone wechselte mehrfach den Besitzer, doch ein wirklich glaubwürdiges Comeback schien lange Zeit in weiter Ferne. Zu sehr war die Identität der Marke mit den großen Designern von einst verwoben, zu stark war der Schatten der Vergangenheit.
Erst im Jahr 2022 verdichteten sich die Anzeichen für einen echten Neuanfang. Die Marke wurde von der Selective Group, einem Unternehmen unter der Leitung der Brüder Mauro und Jean-Franck Ricci, übernommen. Die neue Führung hatte sich viel vorgenommen: Sie wollte Bertone nicht nur als Namen weiterführen, sondern der Marke wieder echten Inhalt, Bedeutung und Relevanz verleihen. Keine nostalgische Hülle, sondern ein neues Kapitel.
Das Ergebnis dieser Vision wurde 2023 der Öffentlichkeit präsentiert: Der Bertone GB110, ein kompromissloses Hypercar, das den Brückenschlag zwischen Geschichte und Zukunft wagt. Technologisch ambitioniert, formal radikal – und zugleich voll von Zitaten aus der langen Bertone-Tradition. Mit über 1.100 PS, einer auf 33 Stück limitierten Auflage und dem Einsatz alternativer Kraftstoffe verkörpert der GB110 all das, was Bertone einst ausmachte – nur eben neu gedacht.
Die Rückkehr von Bertone ist damit nicht bloß ein Marketinggag, sondern ein echtes Statement. Es ist der Versuch, in einer Zeit standardisierter Fahrzeugdesigns wieder ein echtes Stück Charakter auf die Straße zu bringen. Und es ist der Beweis, dass sich selbst Legenden neu erfinden können – wenn sie den Mut haben, sich treu zu bleiben und zugleich neue Wege zu gehen.
Kapitel 4: Das Hypercar GB110 – Technik, Design & Exklusivität vereint
Mit dem GB110 präsentiert Bertone nicht einfach nur ein neues Auto – es ist eine symbolträchtige Wiedergeburt. Dieses Hypercar ist mehr als ein luxuriöses Fortbewegungsmittel; es ist ein Statement, eine skulpturale Hommage an die Vergangenheit und zugleich ein kühner Schritt in die Zukunft. In einer Zeit, in der sich viele Fahrzeuge visuell und technisch immer ähnlicher werden, setzt der GB110 auf Individualität, Emotion – und ein ganz eigenes Selbstverständnis.
Bereits der Name ist eine klare Ansage: „GB“ steht für Giovanni Bertone, den Firmengründer, „110“ verweist auf das 110-jährige Jubiläum der Marke. Damit macht Bertone unmissverständlich deutlich, dass es hier um nichts Geringeres geht als um die Wiederbelebung der eigenen DNA – und zwar in reinster, exklusivster Form.
Technik: Mehr als 1.100 PS – angetrieben von Abfall?
Im Zentrum des GB110 steht ein Verbrennungsmotor mit über 1.100 PS, der bis zu 1.100 Newtonmeter Drehmoment liefert. Dabei setzt Bertone nicht auf Elektrifizierung, sondern auf ein Konzept, das in der Hypercar-Welt bisher einzigartig ist: Der GB110 kann mit einem synthetischen Kraftstoff betrieben werden, der aus Plastikabfällen gewonnen wird. In Zusammenarbeit mit Select Fuel soll dieser Treibstoff CO₂-neutral sein und zugleich neue Maßstäbe in Sachen Nachhaltigkeit setzen. Damit positioniert sich das Fahrzeug bewusst abseits des reinen Elektrotrends – und bietet eine Alternative, die ökologische Verantwortung mit emotionalem Verbrenner-Feeling vereint.
Das Fahrwerk basiert auf einer maßgeschneiderten Carbonstruktur, die maximale Steifigkeit bei minimalem Gewicht verspricht. Ebenso ambitioniert ist das Aerodynamikpaket: Aktive Elemente, ein präzise geformter Unterboden und eine markante Heckstruktur sorgen für echten Anpressdruck bei Hochgeschwindigkeit. Obwohl noch nicht alle Leistungsdaten final bestätigt wurden, ist von einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in unter 2,8 Sekunden auszugehen – bei einer Höchstgeschwindigkeit von über 380 km/h.
Design: Vergangenheit zitiert, Zukunft definiert
Optisch vereint der GB110 klassische Bertone-Motive mit modernen Hypercar-Proportionen. Der Keil – ein zentrales Stilmerkmal von Designern wie Marcello Gandini – ist unübersehbar, wird aber neu interpretiert. Fließende Übergänge treffen auf scharfe Kanten, massive Lufteinlässe auf skulpturale Lichtsignaturen. Die Front erinnert entfernt an den Lancia Stratos, das Heck zitiert die technische Offenheit des Countach – und doch wirkt alles frisch, eigenständig, aggressiv.
Im Innenraum regiert minimalistischer Luxus. Hochwertige Materialien wie Leder, Alcantara und Carbon verbinden sich mit digitalen Interfaces, ohne steril zu wirken. Statt auf überladene Touchscreen-Welten setzt Bertone auf eine ausgewogene Kombination aus haptischen Schaltern und digitalen Anzeigen – ganz im Sinne des analogen Fahrgefühls.
Exklusivität: 33 Fahrzeuge – für Sammler mit Weitblick
Der GB110 wird auf lediglich 33 Exemplare limitiert – ein bewusster Schritt, um Exklusivität zu sichern und das Fahrzeug zum Sammlerstück zu machen. Jeder Wagen soll individuell konfigurierbar sein und kann auf Wunsch personalisierte Designelemente erhalten. Die Preise sind offiziell nicht veröffentlicht, doch Schätzungen liegen bei über zwei Millionen Euro pro Stück – eine Summe, die angesichts der technischen und ideellen Einzigartigkeit gerechtfertigt erscheint.
Damit positioniert sich Bertone direkt im Hochsegment neben Marken wie Koenigsegg, Bugatti oder Pagani – nicht als Massenanbieter, sondern als künstlerischer Außenseiter, der erneut das Herz echter Autoliebhaber erobern will.
Kapitel 5: Sammlerträume und Zukunftsvisionen – Bertone zwischen Vergangenheit & Aufbruch
Kaum ein Markenname weckt bei Designliebhabern und Automobilsammlern so viele Assoziationen wie Bertone. Ob Miura, Stratos oder die radikalen BAT-Studien – Fahrzeuge aus dem Hause Bertone sind längst mehr als Fortbewegungsmittel. Sie sind mobile Kunstwerke, Zeitdokumente und vor allem: begehrte Sammlerobjekte. Mit dem Comeback in Form des GB110 stellt sich nun die Frage: Wird auch dieses neue Kapitel ein Sammlerstück – oder gar der Grundstein einer neuen Ära?
Schon heute erzielen viele historische Fahrzeuge mit Bertone-Design beachtliche Preise auf internationalen Auktionen. Ein gut erhaltener Lamborghini Miura SV mit Originalkarosserie aus der Feder Bertones kann leicht mehrere Millionen Euro einbringen. Auch Modelle wie der Alfa Romeo Montreal oder der Lancia Stratos HF erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, nicht zuletzt wegen der gestiegenen Wertschätzung klassischer italienischer Designikonen.
Der GB110 knüpft genau hier an: Als limitiertes Hypercar mit starker Rückbindung zur Marken-DNA ist er prädestiniert für Sammler mit Weitblick. Die Auflage von nur 33 Fahrzeugen weltweit macht ihn zu einem der seltensten Neuwagen auf dem Markt. In einer Zeit, in der selbst Supersportwagen oft in vierstelliger Stückzahl produziert werden, wirkt diese Limitierung fast museal – und das ganz bewusst.
Doch Sammler kaufen nicht nur Exklusivität, sondern auch Geschichte und Vision. Und genau darin liegt die Stärke des GB110. Er ist nicht bloß ein neu entwickelter Hypersportwagen – er ist ein Symbol für den Fortbestand einer Designkultur, die vielen verloren schien. Das Fahrzeug verkörpert nicht nur Leistung, sondern eine Haltung: Mut zum Charakter, zur Individualität, zur Andersartigkeit. Wer einen GB110 besitzt, kauft nicht einfach ein Auto – er kauft ein Stück Renaissance.
Doch wie sieht die Zukunft von Bertone aus? Ist der GB110 ein einmaliger Paukenschlag, oder der Auftakt zu einer neuen Modellpalette? Die neuen Eigentümer der Marke – Mauro und Jean-Franck Ricci – haben bereits durchblicken lassen, dass weitere Modelle geplant sind. Denkbar wären kleinere Serienfahrzeuge, GTs oder sogar vollelektrische Coupés, die Bertones klassische Designsprache ins neue Zeitalter übertragen. Das Interesse in der Szene ist jedenfalls vorhanden – auch, weil immer mehr Sammler nach Marken suchen, die nicht Mainstream, aber dennoch bedeutungsvoll sind.
Nicht zu unterschätzen ist auch der Marketing-Effekt. Während sich andere Marken mit limitierten Hypercars Prestige erkaufen, liefert Bertone eine Geschichte mit – und das ist in Zeiten von Identitätsmangel ein unschätzbarer Wert. Besonders junge Sammler, die neben Performance auch Authentizität und Storytelling suchen, könnten in Bertone genau die Marke finden, die Emotion und Substanz vereint.
Eines ist sicher: Der GB110 ist ein Versprechen – an die Sammler von heute, die Designfreunde von gestern und die Enthusiasten von morgen. Er zeigt, dass Tradition kein Klotz am Bein sein muss, sondern ein Sprungbrett in die Zukunft. Und dass es sich lohnen kann, einer fast vergessenen Legende noch einmal zu vertrauen.
Fazit: Ein italienischer Phönix – Warum Bertone mehr ist als Retro-Nostalgie
Die Geschichte von Bertone ist eine der großen Erzählungen der Automobilwelt – voller Vision, Fallhöhe und nun auch Wiedergeburt. Von einem kleinen Karosseriebauer in Turin zum prägenden Stilgeber ganzer Jahrzehnte, vom Schöpfer der atemberaubendsten Konzeptfahrzeuge bis hin zum Innovator ikonischer Supersportwagen: Bertone war nie nur ein Name, sondern eine Haltung. Eine Haltung, die es wagte, anders zu denken, gegen den Strom zu schwimmen und dabei immer eine Idee voraus zu sein.
Der tiefgreifende Einschnitt 2014 – die Insolvenz und das scheinbare Ende der Marke – schien diesen Mythos endgültig zu begraben. Doch genau wie viele der von Bertone entworfenen Fahrzeuge, die heute restauriert, gesammelt und weltweit ausgestellt werden, hat auch die Marke selbst eine zweite Chance verdient. Und sie hat sie eindrucksvoll genutzt.
Mit dem GB110 kehrt Bertone nicht einfach nur zurück – die Marke definiert sich neu. Statt nostalgischer Rückblicke oder seelenloser Wiederbelebung präsentiert sich das Unternehmen als visionärer Player im modernen Hypercar-Segment. Ein Fahrzeug mit über 1.100 PS, innovativer Aerodynamik und einem Antriebskonzept, das Nachhaltigkeit und Emotion auf unkonventionelle Weise vereint: synthetischer Kraftstoff aus Plastikabfällen. Das ist nicht nur technisch spannend – es zeigt auch, dass Bertone die Zeichen der Zeit erkannt hat und nicht in der Vergangenheit verharrt.
Auch das Design des GB110 beweist diesen Spagat: Es zitiert mit Respekt, aber ohne Kopie. Es denkt weiter, statt zu wiederholen. Der Keil ist zurück – doch er ist schärfer, moderner, selbstbewusster denn je. In einer Welt, in der viele Supersportwagen zunehmend austauschbar wirken, liefert Bertone ein Statement: Design darf polarisieren, darf auffallen, darf Geschichten erzählen.
Und genau diese Geschichten machen Bertone zu mehr als nur einem Hersteller. Die Marke ist ein kulturelles Erbe, das mit dem GB110 nicht abgeschlossen, sondern fortgeschrieben wird. Die Kombination aus Tradition, Exklusivität und Zukunftsorientierung verleiht diesem Projekt eine Tiefe, die man in der Welt der PS-Monster oft vergeblich sucht.
Für Sammler ist der GB110 deshalb weit mehr als ein Investment. Er ist ein Symbol dafür, dass Charakter wieder zählt – und dass Design eine Seele haben darf. Für Enthusiasten ist es die Hoffnung, dass das automobile Storytelling nicht tot ist, sondern gerade erst ein neues Kapitel beginnt. Und für die Branche ist es ein Weckruf: Große Namen mit Substanz lassen sich nicht einfach durch Marketingblasen ersetzen.
Bertone ist zurück. Und mit ihm ein Stück jener Magie, die Autos zu Träumen macht. Es bleibt zu hoffen – oder besser: zu wünschen –, dass dieses Comeback nicht das Ende eines Abenteuers ist, sondern der Anfang einer neuen Ära.